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03.02.2025

Neue Erkenntnisse zeigen, dass CBD und THC möglicherweise nicht so interagieren, wie wir dachten
Neue Erkenntnisse zeigen, dass CBD und THC möglicherweise nicht so interagieren, wie wir dachten
Jahrelang wurde angenommen, dass CBD und THC, die am häufigsten untersuchten Cannabisverbindungen, einander ausbalancieren und so die Wirkung im menschlichen Körper ausgleichen. Jüngste Forschungen stellen diese Annahme jedoch in Frage und stellen fest, dass CBD die Wirkung von THC unter bestimmten Umständen sogar verstärken könnte, anstatt es abzumildern. Was sind die Auswirkungen dieser Erkenntnisse auf den Gebrauch von Cannabis in der Therapie und in der Freizeit? 
 
In den letzten Jahren hat Cannabis nicht nur als Genussmittel in der Freizeit, sondern auch als potentielle therapeutische Nutzung, insbesondere in der Schmerzbehandlung an Aufmerksamkeit gewonnen. THC, der wichtigste psychoaktive Wirkstoff in Cannabis, ist bekannt für seine schmerzstillenden Eigenschaften, er verursacht aber auch eine Reihe von unerwünschten Nebenwirkungen, wie kognitive Beeinträchtigung, Angstzustände oder psychomotorische Störungen. CBD, auf der anderen Seite, gilt als Nicht-Psychoaktiv (zumindest theoretisch) und soll gegen einige der negativen Auswirkungen von THC wirken. Diese Annahme hat zu einer weit verbreiteten Anwendung von Cannabisprodukten geführt, die als reich an CBD gelten oder ein bestimmtes CBD/THC Verhältnis aufweisen, sowohl für den Freizeit-, als auch für den medizinischen Bereich. Die wissenschaftlichen Nachweise, dass CBD die Wirkung von THC abschwächen kann, sind jedoch widersprüchlich. Einige Studien haben gezeigt, dass CBD die durch THC verursachten Angstzustände und Psychosen reduzieren kann, während andere keine derartige Wirkung nachweisen können. Desweiteren ist mittlerweile bekannt, dass es einen “Entourage Effekt” mit anderen Wirkstoffen gibt, welche die Wirkung von THC in Cannabis beeinflussen, aber auch hier sind die wissenschaftlichen Beweise sehr spärlich. 
 
 

Was sagen die neuesten Forschungsergebnisse über die Wechselwirkung von CBD und THC?

Eine aktuelle Studie die im September 2024 in der Zeitschrift Clinical Pharmacology & Therapeutics veröffentlicht wurde, stellt das herkömmliche Wissen über die Wechselwirkung zwischen Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC) in Frage. Sie zeigt auf, dass diese abschwächende Wirkung nicht nur falsch sein könnte, sondern sogar das Gegenteil dessen, was man allgemein angenommen hat. Die Untersuchung wurde in den Niederlanden am Zentrum für Humanmedizinische Forschung in einer placebokontrollierten Doppelblind-Crossover-Studie mit fünf Teilnehmern durchgeführt. Das bedeutet, dass jeder Teilnehmer fünf verschiedene Behandlungen in einer willkürlichen Reihenfolge erhielten, darunter nur THC, THC in Kombination mit drei verschiedenen CBD Mengen (10 mg, 30 mg, und 450 mg) und ein Placebo. Die Behandlungen wurden oral verabreicht, wobei CBD 30 Minuten vor THC verabreicht wurde, um sicherzustellen, dass beide Substanzen gleichzeitig ihren Höhepunkt im Blutkreislauf erreichten. Die Forscher maßen dann über einen Zeitraum von sechs Stunden eine Vielzahl von Reaktionen, wobei sie eine Kombination aus subjektiven Selbstberichten (Stimmung, Angst und „High“-Gefühl), objektiven Tests (kognitive und psychomotorische Leistung) und mehreren Schmerztests, einschließlich Hitze, Druck, elektrischer Stimulation und Kälteeinwirkung, verwendeten. Anstatt die Wirkung von THC zu verringern, stellten die Forscher fest, dass die höchste CBD-Dosis (450 mg) diese deutlich verstärkte. Diese Verstärkung trat wahrscheinlich auf, weil CBD den THC-Stoffwechsel störte, was zu höheren THC-Werten und den psychoaktiven Metaboliten im Blutkreislauf führte. Niedrigere CBD-Dosen (10 mg und 30 mg) veränderten die Wirkung von THC nicht signifikant, was darauf hindeutet, dass CBD THC nicht entgegenwirkt, wenn beide oral eingenommen werden. „CBD lindert weder THC psychotomimetische Wirkung noch reduziert es Angstzustände“, folgerten die Forscher. “Wenn überhaupt, verstärkt es bei höheren Dosen die Wirkung von THC, da CBD dessen Abbau in der Leber hemmt.“
 

Weitere Studien, die die Hypothese dieses Ungleichgewichts stützen:

Dies ist nicht die erste Studie, die zeigt, dass CBD in Cannabis-Lebensmitteln den THC-Stoffwechsel hemmt, was zu einer stärkeren und länger anhaltenden Wirkung führt. Eine andere Studie unter der Leitung von Forschern der Johns Hopkins University School of Medicine ergab bereits, dass relativ hohe Dosen von Cannabidiol (CBD) die nachteiligen Auswirkungen von Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) verstärken können. Die Ergebnisse dieser Studie, die im Februar 2023 in JAMA Network Open veröffentlicht wurde, zeigten, dass die in den Blutproben der Teilnehmer gemessene Höchstmenge an THC nach dem Verzehr eines Brownies, der sowohl THC als auch CBD enthielt, im Vergleich zu einem Brownie, der nur THC enthielt, fast doppelt so hoch war, obwohl die THC-Dosis in jedem Brownie (20 mg) identisch war. Darüber hinaus war die Höchstmenge an 11-OH-THC (ein THC-Metabolit, der eine stärkere Wirkung als THC hat) nach dem Verzehr des Brownies mit hohem CBD-Gehalt zehnmal höher als nach dem Verzehr des Brownies mit hohem THC-Gehalt. Sowohl in der niederländischen als auch in der amerikanischen Studie wurde die Pharmakokinetik (wie der Körper ein Medikament aufnimmt und ausscheidet) und Pharmakodynamik (wie der Körper auf ein Medikament reagiert) von Cannabisextrakten mit unterschiedlichen THC- und CBD-Konzentrationen untersucht. Beide Studien waren gut konzipiert und kontrolliert, beschränkten sich jedoch auf die orale Verabreichung. Da unterschiedliche Konsummethoden, wie z. B. das Inhalieren, zu unterschiedlichen Stoffwechselabläufen und Wirkungen führen, lassen sich die Ergebnisse möglicherweise nicht auf andere gängige Methoden zum Cannabiskonsum übertragen. Darüber hinaus wurde in keiner der Studien CBD allein konsumiert, was eindeutigere Informationen über die spezifischen Wirkungen von CBD ohne den Einfluss von THC geliefert hätte. Diese Ergebnisse stimmen jedoch mit einer anderen aktuellen Studie zur Neurobildgebung überein, die im Juli 2024 in Neuropsychopharmacology veröffentlicht wurde und zu dem Ergebnis kam, dass CBD störende Auswirkungen von THC auf die neuronale Vernetzung im Gehirn nicht verringert, sondern sogar verschlimmern könnte. Die Forscher beobachteten nach dem Cannabiskonsum eine signifikante Verringerung der Verbindungen in wichtigen neurologischen Netzwerken, wobei die Zugabe von CBD in einigen Fällen sogar zu noch größeren Störungen führte. In ähnlicher Weise ergab eine im August 2024 in Neurobiology of Disease veröffentlichte Studie an Nagetieren, dass CBD nicht vor den schädlichen Auswirkungen einer vorgeburtlichen Belastung durch Cannabis schützt. Stattdessen schien es, die Auswirkungen von THC auf die Gehirnentwicklung und das Verhalten der Nachkommen zu verstärken.
 
 

Auswirkungen auf die therapeutische und freizeitliche Nutzung von CBD

Diese Studien legen nahe, dass sich die Konsumenten der potenziellen Wechselwirkungen zwischen hohen CBD- und THC-Dosen bewusst sein sollten, so wie man auch Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten berücksichtigen würde. Die Annahme, dass CBD THC „zähmt“, hat die Zusammensetzung von medizinischen- und Freizeit-Cannabisprodukten stark beeinflusst, wobei sich viele Konsumenten für CBD-THC-Produkte entscheiden, die eine ausgewogene und weniger psychoaktive Erfahrung erwarten lassen. Neue Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass diese Erwartungen möglicherweise nicht immer erfüllt werden. Wissenschaftler betonen die Notwendigkeit weiterer Studien, um die Auswirkungen der CBD- und THC-Dosierung, der relativen Konzentrationen, der Verwendungshäufigkeit und der individuellen gesundheitlichen Unterschiede auf die Art und Weise, wie unser Körper Cannabinoide aufnimmt, besser zu verstehen. Solche Forschungsarbeiten sind von entscheidender Bedeutung, um klinische und regulatorische Entscheidungen über den therapeutischen- und Freizeitgebrauch von Cannabis zu treffen, das derzeit nach Alkohol die weltweit am meisten konsumierte Freizeitdroge ist. Mit dem wissenschaftlichen Fortschritt wird es unerlässlich sein, viele Aspekte dieser beiden Verbindungen neu zu bewerten, um eine sichere und wirksame Anwendung zu gewährleisten.