ZurückDer Weg zur Cannabis-Legalisierung in Deutschland 2024: Ein Überblick
30.01.2024
Der lange Weg zur Cannabis-Legalisierung - Besitz & Eigenanbau
Die sogenannte Ampel-Regierung ist bereits seit über zwei Jahren in Deutschland an der Macht. Gleich zu Beginn der Legislaturperiode hat sie die Cannabis-Legalisierung im Koalitionsvertrag vereinbart. Vor über einem Jahr wurde der erste Entwurf des Cannabisgesetzes von Karl Lauterbach präsentiert. Dann war es lange still. Bis Mitte Dezember eine nochmals überarbeitete Fassung vom zuständigen Ausschuss vorgestellt wurde. Während die wesentlichen Elemente darin erhalten bleiben, wurden auch einige Details verändert und angepasst.
Legal anbauen und höhere Grenzwerte für den Eigenbedarf
Zunächst einmal die gute Nachricht für Grower: Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung sieht weiterhin die Legalisierung des Anbaus für den Eigenbedarf vor. Sah die erste Version eine Begrenzung des Besitzes auf drei Pflanzen aber nur 30 g erlaubter Eigenbedarfsmenge vor, ist in der aktuellen Version die Rede von einer Besitz Obergrenze von 50 bis 60 g Cannabisblüten (in getrockneter Form). Aber auch wenn es sich hierbei um eine Verbesserung handelt, erlaubt es nach wie vor nur einen bedingt sinnvollen Anbau. Die Grenze scheint etwas willkürlich ausgelegt zu sein und sich nicht so stark am tatsächlichen Eigenbedarf zu orientieren. In der Praxis bedeutet das nämlich, dass Grower ihren Ertrag entweder künstlich niedrig halten müssen oder aber einen großen Teil des Ertrags aus den drei Pflanzen vernichten müssen. Generell gilt bei der Gesetzeslage, dass sich Grower nach wie vor strafbar machen, wenn sie Gras über der erlaubten Grenze besitzen. Jedoch wird nach dem neuen Fassung die Strafe deutlich nach unten angepasst. Irrwitzige Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren bei einer nicht geringen Menge der Droge oder gar bis zu 15 Jahren bei einfachem Handel soll es nicht mehr geben. Vielmehr wird sich der Großteil der Verstöße vermutlich mit Geldbußen aus der Welt schaffen lassen. Wer aber zu 100% auf der sicheren Seite stehen möchte, muss seinen Überschuss schnell vernichten. Ein gemeinsamer Abend mit Freunden könnte dabei hilfreich sein. Auf der Anbauseite sollte man sich auf weniger Pflanzen konzentrieren, und dafür mehr Durchgänge pro Jahr machen. Das ist alles möglich, wenn auch etwas aufwendiger. Besonders kurz blühende Sorten bieten sich dafür besonders an. Andererseits ist es jedoch sowieso unwahrscheinlich, dass es überhaupt erstzunehmende Kontrollmöglichkeiten des Heimanbaus gibt. Insofern sollte man die 60 Gramm Obergrenze vielleicht nicht ganz so übertrieben ernst nehmen.
Lockerungen für den öffentlichen Raum in Deutschland
Die maximal zulässige Besitzmenge der Droge im öffentlichen Raum wurde in der überarbeiteten Gesetzesversion ebenfalls etwas erhöht, von 25 auf 30 g. Bedeutender dürfte allerdings auch hier die Absenkung des Strafmaßes sein, die für Vergehen über den jeweils erlaubten Grenzwerten gelten. Gleichzeitig wurde auch das Strafmaß herabgesetzt. Bei Verstößen im oberen Rahmen sind zukünftig maximal 30.000 Euro statt vorher 100.000 Euro möglich und im unteren Rahmen nur noch maximal 10.000 statt vorher 30.000. Das hört sich schrecklich an, dürfte aber in der Praxis vor allem Leute treffen, die mit Kiloweise Gras unterwegs sind. Sprich, wer mit 50 statt 30 Gramm im öffentlichen Raum erwischt wird, wird wohl kaum 10.000 Euro zahlen müssen, sondern vermutlich eher ein paar Hundert - eine unangenehme Geldbuße eben, wie wir sie auch auch anderen Bereichen kennen.
Vereine, in denen Cannabis gemeinschaftlich angebaut und an die Mitglieder legal abgegeben werden darf, soll es laut der aktualisierten Version zur Cannabis-Legalisierung auch weiterhin geben. Die Mindestabstände, die entsprechende Abgabestellen von Schulen, Kitas etc. haben müssen, wurde von 200 Metern auf 100 Meter gesenkt und zusätzlich wurde eine Formulierung hinzugefügt, laut der sich die Ausgabestellen „außer Sichtweite“ der genannten Einrichtungen befinden müssen. Dadurch ergeben sich deutlich mehr potenziell mögliche Orte für Cannabis-Clubs. Diese Änderungen sind auch teils Verdienst der konstruktiven Kritik, die beispielsweise durch den deutschen Hanfverband geübt wurde. Aufgrund dieser wurde deutlich, dass beispielsweise die Abstandsregeln für CSCs und deren Ausgabestellen, die der ursprüngliche Entwurf vorsah, in Ballungsräumen nicht praktikabel wären, da dort schlicht keine Orte existieren, die einen entsprechenden Abstand einhalten..
Cannabis - Auch auf der Straße ändert sich etwas
Auch der Grenzwert für den Straßenverkehr soll angepasst werden. Allerdings steht der genaue Wert, der zukünftig erlaubt sein wird, noch nicht fest. Neu ist ebenfalls, dass Konsumenten nicht automatisch eine MPU machen müssen. Nur wenn eine Sucht nachgewiesen werden kann, steht eine solche Untersuchung an.
Cannabis Social Clubs
Die Anbauvereinigungen können voraussichtlich ab 1. Juni 2024 ihren Betrieb starten. Die Cannabis Social Clubs (CSC) sind, was die Rechtsform anbelangt, gewöhnliche Vereine, müssen aber einige Auflagen erfüllen. So dürfen sie nur von Menschen gegründet werden, die noch keine einschlägigen Vorstrafen haben und das angebaute und gelagerte Cannabis muss stets vor dem Zugriff durch Jugendliche und unbefugte Personen geschützt werden. Für die Vereine gilt eine Obergrenze von 500 Mitgliedern, wobei diese Grenze laut Michael vom CSC GreenFlakez in Bedburg sowohl eher als Richtwert zu verstehen ist. Auch wenn das geplante Gesetz noch einiges Potenzial für Verbesserungen hat, hält Michael es für ausreichend, damit CSCs in den kommenden Monaten ihre Arbeit aufnehmen können.
Cannabis Social Clubs dürfen pro Mitglied monatlich 50 g Cannabis produzieren. Dadurch ist es für Clubs einfacher als für Privatpersonen, den Anbau ökonomisch sinnvoll zu betreiben, vor allem, wenn man davon ausgeht, dass nicht alle Mitglieder stets zum Monatsanfang die komplette, ihnen zustehende Menge in Anspruch nehmen. Was leider nicht legal sein wird, sind Extrakte und Edibles jeder Art, sie bleiben verboten. Cannabis Social Clubs dürfen ausschließlich Blüten zum Konsum anbieten und herausgeben können.
Was bedeuten die Änderungen für Konsumenten und Vereine konkret?
Die Anhebung der maximal zulässigen Besitzmenge sowie die Absenkung der Strafen ist zwar zu begrüßen, geht aber im Grunde noch nicht weit genug. Für viele in Deutschland dürfte sie nicht ausreichen, um den Einkauf auf Vorrat von größeren Mengen abzudecken. Noch deutlicher werden diese Mängel, wenn man auf den Eigenanbau blickt. Denn hier gilt ja weiterhin, dass bereits eine Pflanze häufig mehr als die höchstens zulässigen 50 g produziert. Diese Menge verfügt zwar über einen kleinen Spielraum, da im Gesetz von getrockneten Blüten die Sprache ist, die meisten Grower ihre Blüten aber so trocknen lassen, dass sie immer noch eine Restfeuchtigkeit zwischen 10 und 20 Prozent haben. Dies bedeutet, dass bei einem Feuchtigkeitsgehalt von 20 Prozent theoretisch 60 g Blüten legal besessen werden dürfen. Weiterhin bedeutet es, dass Grower im Prinzip unter den Maßgaben der neuen Regelungen durchgängig anbauen müssen, um eine konstante Versorgung zu gewährleisten. Das kann problematisch werden, wenn man mal eine längere Grow-Pause machen möchte.
Das sagen Experten und Politik
Während die Legalisierung generell von einschlägigen Branchenvereinigungen begrüßt wird, gibt es auch Kritik am Gesetzesvorhaben der Ampel-Koalition. So vertritt beispielsweise der Hanfverband die Position, dass der Eigenanbau auch unter den gelockerten Mengenbeschränkungen nicht wirklich sinnvoll betrieben werden kann. Doch auch in die andere Richtung gibt es Kritik. Die CSU hat angekündigt, das Cannabis-Gesetz nach seiner Einführung so streng wie möglich auszulegen. Wen wundert es? Kiffer in Bayern werden also auch weiterhin schwer haben, allerdings gilt auch für die CSU das neue Gesetz, ob ihr der Konsum von Marihuana passt oder nicht. Doch auch innerhalb der SPD gibt es immer wieder kritische Stimmen, die etwas an dem Gesetzesentwurf auszusetzen haben. Die Abgabe in Ausgabestellen, also der komplett freie und kommerzielle Verkauf der Droge, wie er anfangs geplant war, soll nun nur in einigen Modellprojekten getestet werden. Allerdings gibt es für den Start dieser Projekte noch keinen festen Termin.
Wie sieht der konkrete Zeitplan der Legalisierung aus? Wird der 1. April 2024 eingehalten?
Eigentlich sollte das Gesetz noch Mitte Dezember 2023 verabschiedet worden sein. Kurz vor diesem Termin fingen allerdings einige SPD-Politiker wieder an, die rechtliche Neufassung zu kritisieren, obwohl sie im Vorfeld bereits ihre Einwilligung gegeben haben. Außerdem binden andere Diskussionen wie beispielsweise die Haushaltsdebatte gerade große Ressourcen der Regierung und des Bundestags. Deshalb ist mit einer Abstimmung über das Cannabis-Gesetz erst Anfang des neuen Jahres zu rechnen. Je nachdem, wann dieser Abstimmungstermin genau ist, könnte es allerdings knapp werden, den 1. April als Datum für das Inkrafttreten des Gesetzentwurfs einzuhalten, obwohl das Gesundheitsministerium unter Karl Lauterbach bislang weiterhin an diesem Datum festhält.
Kann sich am Cannabis - Gesetz bis zu seiner Einführung noch etwas verändern?
Theoretisch können während der Diskussion und vor der Abstimmung im Bundestag noch Änderungen in das Gesetz einfließen. Dies ist aber recht unwahrscheinlich, da sich die Ampelfraktionen bereits abgestimmt haben und die Zustimmung zum konkreten Gesetz eigentlich nur noch Formsache ist. Dennoch bleibt spannend, wie sich die Gesetzgebung in der Zukunft entwickeln wird.
Doch Branchenkenner wie etwa der bereits zu Wort gekommene Michael vom Verein CSC GreenFlakez plädieren dafür, die rechtliche Neubestimmung nun zu verabschieden und dann im Laufe der Zeit nachzubessern. Angesichts der mehrmaligen Verzögerung scheint diese Forderung mehr als nachvollziehbar.
Bald beschlossen, das neue Cannabisgesetz – CanG - ein Überblick zurückDer Weg